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Kritische Blicke auf die SWMH

Alle Beschäftigten in Druckerei und Versand haben Kündigungen erhalten – Sozialtarifvertrag verhandelt

sverdimh, · Kategorien: Allgemein

Nacht für Nacht, wenn andere schlafen, stehen sie an „ihrer“ Druckmaschine, um die aktuellen Ausgaben der „Stuttgarter Zeitung“, „Stuttgarter Nachrichten“, „Kreiszeitung Böblinger Bote“ und zuletzt auch der „Eßlinger Zeitung“, „Cannstatter Zeitung“ und anderer Umlandausgaben zu drucken: die Beschäftigten der Pressehaus Stuttgart Druck GmbH und die Beschäftigten der Weiterverarbeitung (PHV Service GmbH).

Zum 31. März 2023 hat es sich allerdings ausgedruckt: Vor den Sommerferien wurde den 258 Beschäftigten der Zeitungsdruckereien in Stuttgart-Möhringen und von Bechtle Verlag&Druck in Esslingen a. N. mitgeteilt, dass beide Druckstandorte geschlossen und damit allen Beschäftigten gekündigt werden, eine Sozialauswahl findet nicht statt. Die betriebsbedingten Kündigungen sind den Stuttgarter Beschäftigten im September und Oktober zugestellt worden.

Betriebsratsvorsitzender Samir Alicic sagte bei der durchgeführten Protestkundgebung, das sei der „tiefste Schlag“ in seinen 35 Jahren in diesem Unternehmen. Harald Pürzel, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) zu der die Zeitungsgruppe Stuttgart neben der Süddeutschen Zeitung gehört, geißelt eine „asoziale Personalpolitik“, ver.di-Sekretär Uwe Kreft nennt es schlicht „eine Sauerei“. Aus Sicht des Konzerns sind die Druckhäuser zu groß, zu alt, zu teuer, und damit sei „ein Abbau von Arbeitsplätzen unabdingbar“. Die strategische Konzernausrichtung „weg vom gedruckten Papier und hin zum Digital-Abo“ tut ihr Übriges.


Den kampffreudigen Jüngern Gutenbergs habe sie ihre Jobs geklaut – ihren Stolz konnten sie ihnen nicht nehmen. Foto: Joachim E. Röttgers GRAFFITI

Zur „Beruhigung“ hat die Konzerngeschäftsführung noch mitgeteilt, dass 55 Festangestellten und ungefähr 100 Aushilfen ein Platz in einer neuen Gesellschaft angeboten werde. Sie heißt MHS Print GmbH und ist eine Tochter der Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft, die wiederum eine Tochter der SWMH ist. Die Realität dort sieht so aus: die MHS Print ist natürlich tariflos, Gekündigte können sich dort neu bewerben, sollen aber langfristig für die gleiche Arbeit bis zu 30 Prozent weniger Lohn erhalten. „Am Ende nehmen sie die“, sagt ver.di-Mann Uwe Kreft, „die bereit sind, weit unter Tarifbedingungen zu arbeiten“.

Die neue Druckerei mit einer 20 Millionen Euro teuren neuen Anlage soll auf dem Esslinger Gelände errichtet werden. Das sei ihre Zusage, verspricht Geschäftsführer Herbert Dachs, dass die gedruckte Zeitung „dauerhaft Teil unseres Medienhauses bleibt“. Das klingt wie Hohn in den Ohren der Gekündigten und Gedemütigten. Dazu passt, dass der erste Zeitungsdruck zum 1. April 2023 erfolgen soll.

In der Konsequenz wurde für die Beschäftigten der Stuttgarter Zeitungsdruckerei ein Sozialtarifvertrag verhandelt. Mehr als einmal sind die schwierigen Verhandlungen ins Stocken geraten. Dann haben die Drucker die Sache in die Hand genommen, gewohnt, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Die durch viele Streikaktionen in Tarifrunden „gestählte“ Belegschaft hat ihre jüngste Betriebsversammlung so lange ausgedehnt, bis Andruck und Auslieferung gefährdet waren. Als Ergebnis stehen „sehr gute Sozialplanbedingungen“ (Uwe Kreft) die sich sehen lassen können, sowie eine Verhandlungseinlassung für Tarifgespräche zwischen ver.di und der MHS Print zur Regelung der Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2025. „Somit“ resümiert Gewerkschaftssekretär Uwe Kreft „ist der Plan der Konzernspitze nach Entsorgung des Betriebsrates, der kämpferischen Belegschaft und der Tarifbindung nur teilweise aufgegangen“.

Ausgedruckt – aus zwei mach eins

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Der Gesellschafterausschuss der SWMH hat wohl entschieden und die Verantwortlichen haben den Daumen gesenkt: Das Aus für die Zeitungsdruckereien in Stuttgart-Möhringen und in Esslingen a. N. ist besiegelt. Der „Mutterbetrieb“ Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft, hat seinem Tochter-Unternehmen den Druckauftrag gekündigt. Die Folge: Die überwiegend langjährigen Beschäftigten beider Zeitungsdruck-Standorte werden gekündigt. Dies ist vermutlich das vorläufige Ergebnis des „Druck-Strategie-Projektes“, welches seit dem Jahre 2018 die betroffenen Betriebsräte und Belegschaften in einen entsprechenden „Unruhezustand“ versetzt hat.

Daumen nach unten. Die Zeitungsdruck-Standorte Stuttgart-Möhringen und Esslingen haben demnächst ausgedruckt.

Daumen nach unten. Die Zeitungsdruck-Standorte Stuttgart-Möhringen und Esslingen haben demnächst ausgedruckt.

In Zahlen bedeutet dies Folgendes: In Stuttgart verlieren 112 festangestellte Beschäftigte (52 Druckerei und 60 Versand) und weitere 112 befristete Aushilfskräfte ihren Job. In Esslingen werden 24 festangestellte Beschäftigte aus Druckerei und Versand und 10 befristet Aushilfskräfte (Versand) angebaut. In Summe werden ca. 140 Festangestellte und ca. 120 Aushilfskräfte entsorgt. Das ist also der Dank dafür, dass die Beschäftigten der Zeitungsdruckereien und der Weiterverarbeitung in Möhringen und Esslingen über Jahre hinweg Nacht für Nacht, an Feiertagen und Wochenenden dafür gesorgt haben, dass die Leser morgens ihre Zeitung im Briefkasten stecken haben. Viele auf Kosten ihrer Gesundheit. Und in Zeiten der Pandemie waren die Beschäftigten die letzten zwei Jahre bereit auf Einkommen zu verzichten und Kurzarbeit zu leisten. Am 20. Juni 2022 hat die Kurzarbeit geendet. Am 14.  Juni 2022 sind die Beschäftigten vor den Kopf gestoßen und über die Entlassungen informiert worden.

Doch damit ist der Demütigung noch nicht genug. Eine neue „Konzern-Tochter“, die MHS Print GmbH, wird gegründet und soll ab dem 1. April 2023 den Druck der regionalen Konzernzeitungen (unter anderem Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Eßlinger Zeitung) und deren Wochenblätter übernehmen. Laut dem künftigen Geschäftsführer sei dies ein klares Bekenntnis zu Print, schließlich hätte man ja auch irgendwo anders drucken lassen können. In der MHS Print GmbH sollen 55 festangestellte Beschäftigte und bis zu 100 Aushilfskräfte eingestellt werden. Das heißt: Nur jeder dritte Mitarbeiter hat die Chance auf einen Arbeitsplatz. Und das natürlich zu deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen. Die Losung lautet: Erstmal wird gekündigt, dann darf der Gekündigte sich im neuen Unternehmen bewerben, die Geschäftsführung entscheidet welche Mitarbeiter sie haben will und zur Krönung bekommen die Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag mit deutlich schlechteren Bedingungen. Personalleiter Daniella Fornell sagte dazu: „Unsere Druckprodukte müssen wirtschaftlich sein. Wir können kein Geld mehr zum Fenster rausschmeißen“.

ver.di will die Betriebsräte in Esslingen und Stuttgart-Möhringen beim Kampf um den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze und angemessener Sozialpläne unterstützen und fordert von den württembergischen Zeitungsverlegern, denen der SWMH-Konzern gehört, ihre Profitgier hinten an zu stellen und in der neuen Druckerei tariflich gesicherte Arbeitsbedingungen der Druckindustrie zu ermöglichen.

Kontext Wochenzeitung hat ebenfalls berichtet: hier klicken

Stellenabbau, Tarifflucht und beschnittene Lokalberichterstattung: „Es geht einfach zu weit!“

sverdimh, · Kategorien: Allgemein

Mehr als 100 Beschäftigte des Stuttgarter Pressehauses demonstrierten am 16. März gegen Stellenabbau und Tarifflucht im SWMH-Konzern. Bei der „aktiven Mittagspause“, zu der ver.di aufgerufen hatte, richtete sich der Protest gegen die „Medienhaus-Strategie 2.0“ des Konzerns. Es beteiligten sich neben Beschäftigten aus Redaktion und Verlag der beiden Tageszeitungen und der „Böblinger Kreiszeitung“ auch Drucker und Beschäftigte der Druckvorstufe.

 

Protestkundgebung Pressehaus Stuttgart       Foto: Joe Röttgers

 

„Medienhaus-Strategie 2.0“ klingt zwar auf den ersten Blick nach Zukunft, bedeutet aber, dass Arbeitsplätze wegfallen und journalistische Qualität beschnitten wird. Nachdem bereits 100 Arbeitsplätze abgebaut wurden, sollen nun 55 Vollzeitstellen folgen. Zusätzlich plant der Verlag Dutzende Beschäftigte in eine tariflose Tochterfirma abzuschieben. „Dies betrifft Journalistinnen und Journalisten genauso wie die Grafikerinnen und Grafiker“, erklärt Siegfried Heim, ver.di-Koordinator für Medien und Kunst in Baden-Württemberg.

Und es geht ans Kerngeschäft der Zeitungen, ihre lokale Berichterstattung in der Region soll eingeschränkt werden. Alle Ausgaben im Stadtgebiet Stuttgart (einschließlich Cannstatter Zeitung) haben künftig den gleichen Inhalt. In der Vergangenheit hatte man beispielsweise bei der „Eßlinger Zeitung“ noch großen Wert daraufgelegt, die Dinge aus der „Reichstädter Sicht“ (Geschäftsführer Andreas Heinkel) zu betrachten. Nun wird aus dem Reichsstädter Blick eher ein Blick „dumm aus der Wäsche“, denn von den künftig 28 Seiten der Eßlinger Zeitung unterscheiden sich lediglich noch fünf Lokalseiten von der Stuttgarter Ausgabe. Dafür wurde vorsorglich aber schon mal der Preis erhöht: in 2022 kostet ihre Zeitung die „Reichsstädter Bürger“ 522,64 Euro im Jahr (+ 5,4 Prozent).

Betriebsratsvorsitzender Michael Trauthig berichtete von einem Gespräch mit MHS-Geschäftsführer Herbert Dachs: „Es ist ein Unterschied, ob Sie etwas machen, was sich noch irgendwie erklären lässt. Irgendwie, auch wenn man es nicht versteht. Oder ob Sie ein Projekt starten, das einfach zu weit geht.“ Stellenabbau, Flucht in eine tariflose Tochtergesellschaft, beschnittene Regionalberichterstattung – damit würden Grenzen überschritten.

Entsprechend schlecht war die Stimmung bei den Protestierenden vor dem Pressehaus Stuttgart. „Der Verlag verbreitet reichlich „verschwurbelte“ Informationen, die Hierarchen winden sich wie ein Aal und versuchen ganz dreist, ihre hammerharten Sparmaßnahmen als Innovation zu verkaufen“, sagte Kai Burmeister, DGB-Vorsitzender Baden-Württemberg. Für ein Medienhaus sei dies eine kommunikative Fehlleistung. Burmeister sagte den Beschäftigten die solidarische Unterstützung der DGB-Gewerkschaften zu. Er betonte, dass der Arbeitsplatzabbau und die Tarifflucht die Berichterstattung bedrohe – in einer Zeit, in der Qualitätsjournalismus mehr denn je gebraucht werde.

 

Hier geht’s zum Video der Protestkundgebung

https://youtu.be/DBvkN2AOtbA

Umstrukturierung, Personalabbau, Tarifflucht: Medienhaus-Strategie 2.0

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Bei der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“, soll erneut gespart werden. Bis Jahresende sollen bis zu 55 Stellen in der Verlagsgruppe wegfallen, die zur Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH) gehört. Verkauft wird dieser Kurs als Umstrukturierung nach einem ganz neuen Modell mit dem Fokus auf Digitalabos. Alle Ressorts werden abgeschafft. Themen-Teams liefern die Artikel. Die SWMH will auf eine 4-Buch-Produktion umstellen, in der nur noch 28 oder 32 Seiten produziert werden. Die lokale Berichterstattung wird minimiert, die Leser des Stadtgebietes Stuttgart sollen künftig ein und dieselbe Ausgabe erhalten.

Der journalistischen Qualität soll dieses Vorgehen keinen Abbruch tun, heißt es aus der Geschäftsleitung, die am 19. Januar 2022 die Belegschaft über die geplanten Maßnahmen informierte. Die Zeitungsgruppe Stuttgart (ZGS) ist der Auffassung, mit dem Programm „einerseits auf die starken Wachstumsmöglichkeiten im Internet und andererseits auf die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, etwa durch den Rückgang der Anzeigen im Zuge der Corona-Pandemie sowie steigende Papierpreise“ eine Antwort zu haben. Die Beseitigung von Doppelstrukturen solle dazu beitragen, bei gleichbleibend hoher journalistischer Qualität Kosten zu senken. Als Sparziel machen rund sechs Millionen Euro die Runde.

Scharfe Kritik an den Plänen kommt von ver.di. Die Gewerkschaft befürchtet einen tariflosen Zustand, wenn Lokalredaktionen in einer neuen Gesellschaft zusammengelegt werden, in die auch die Druckvorstufe (Technik) integriert werden soll. Zudem würden alle Leser*innen der unterschiedlichen Zeitungen im Stadtgebiet Stuttgart durch den Wegfall der 5. Bücher (Lokalteile) den gleichen Inhalt erhalten. Der gesamte Stellenabbau macht in der Redaktion nach ver.di-Einschätzung um die zwanzig Prozent aus. ver.di fordert, beim jetzt verkündeten Abbau auf absolute Freiwilligkeit zu setzen.

Ver.di-Konzernbetreuer Uwe Kreft: „Lokale Berichterstattung ist das wichtigste exklusive Alleinstellungsmerkmal und Bindeglied zu den Abonnent*innen. Wer hier die Axt anlegt, verletzt sich selbst. Es braucht natürlich Investitionen ins Digitale. Für Qualität braucht es aber auch hier guten und tariflich bezahlten Journalismus. Die Probleme dürfen deshalb nicht mit Personalabbau und Tarifflucht gelöst werden.“

Der Betriebsrat der Redaktion Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten verweist darauf, dass bei der letzten Umstrukturierung 2020 – nicht nur in den Redaktionen – insgesamt bereits 100 Arbeitsplätze abgebaut wurden. Bereits 2015/16 wurden die Redaktionen der „Stuttgarter Zeitung“ und der „Stuttgarter Nachrichten“ in einer eigenständigen Tochterfirma zusammengelegt, die von da an beide Blätter herausgab, mit 35 Vollzeitstellen weniger. Gleichzeitig sollten unterschiedliche Digitalangebote forciert werden. Viele Redakteur*innen redeten damals vom „Stuttgarter Irrweg“. „Jetzt folgen weitere Sparmaßnahmen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Dr. Michael Trauthig. „Wir halten es für fatal, dass es wieder zu einem großen Aderlass kommen soll. Der Betriebsrat befürchtet zudem, dass die geplante Abschaffung der Ressorts die Zukunft der Redaktion gefährdet und das Image der Zeitungen beschädigt.“ Ebenso besorgt ist der Betriebsrat wegen der geplanten Reduzierung der lokalen Berichterstattung. Wie schon zuvor habe der Arbeitgeber versichert, dass die Stellen sozialverträglich abgebaut würden und dass man auf betriebsbedingte Kündigungen „soweit wie möglich“ verzichten wolle. Die Geschäftsführung müsse nun in den Verhandlungen zeigen, dass es ihr ernst mit dieser Ankündigung sei. „Das bedeutet: attraktive Abfindungskonditionen vereinbaren und vor allem mit dem Betriebsrat über Alternativen zum Abbau verhandeln.“

Weitere Kritik an den Plänen der SWMH kommt von fünf Landräten aus der Region Stuttgart (Roland Bernhard Landkreis Böblingen, Heinz Eininger Landkreis Esslingen, Edgar Wolff, Landkreis Göppingen, Dietmar Allgaier Landkreis Ludwigsburg und Dr. Richard Sigel Rems-Murr-Kreis), die ihre Befürchtung äußern, dass „insbesondere der Lokaljournalismus an Qualität und Bedeutung verliert und infolgedessen Kommunalpolitik in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr verschwindet“. Und auch Bündnis 90 Die Grünen haben in einem offenen Brief die Sorge artikuliert, „dass zu einer ordentlichen Meinungsbildung auch eine umfassende, sorgfältige, ausgewogene und kritische Berichterstattung gehört“, die sie nun gefährdet sehen.

Die Kontext-Wochenzeitung hat dazu berichtet. Der Artikel kann hier runtergeladen werden:

2022 01 26 Kontext Niedergang einer stolzen Zeitung

Einsparungen durch Immobilienverkauf?

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SWMH-Geschäftsführer Dr. Christian Wegner hat in seiner Videobotschaft an die Beschäftigten verkündet, dass 50 Mio. Euro bis Ende 2022 eingespart werden müssen. Die Mittel dazu sollen Einsparungen bei den Sachkosten und eine Reduzierung der Personalkosten sein. Zu den Einsparüberlegungen von Dr. Wegner gehört wohl auch, Immobilien und Grundstücke zu Geld zu machen. Das Firmengelände in Möhringen (Plieninger Straße 150) soll angeblich an einen Investor verkauft werden, der an der Landhauskreuzung einen „offenen Bürocampus“ (Pläne im Städtebauausschuss und erste Veröffentlichungen dazu liegen vor) plant. Die von Daimler angemieteten Flächen im Firmengebäude will Daimler bis spätestens zum 30. Juni 2022 räumen. Über die weitere Verwendung der bisher vermieteten Flächen will die SWMH noch in 2021 entscheiden.

Das ist der geringfügig überarbeitete Siegerentwurf aus dem städtebaulichen Ideenwettbewerb vom Architekturbüro Pickard Chilton in Connecticut/USA.

Notwendige Grundstücke von Daimler (direkt neben der SWMH) wurden bereits verkauft. Es ist bekannt, dass die Stadt Stuttgart in Gesprächen mit der SWMH Interesse am Grundstück in Möhringen angemeldet hat. Die Maklerfirma Jones Lang LaSalle ist von der SWMH damit beauftragt, verschiedene Optionen, u.a. Komplett- oder Teilverkäufe der SWMH-Immobilien zu prüfen. SWMH-Geschäftsführer Alexander Paasch beruhigt, man habe „keinen Handlungsdruck“ und wolle zum „richtigen Zeitpunkt die wirtschaftlich beste Lösung“ finden.

BILD-Druckauftrag endet nach 58 Jahren – Steht der Druckstandort Esslingen nun vor dem Aus?

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Schlechte Nachrichten gab es für die Beschäftigten von Bechtle Verlag&Druck (Esslinger Zeitung) am Montag, 14. Juni 2021, bei einer Abteilungsversammlung: die Leitung des zum Medienkonzern SWMH gehörenden Unternehmens informierte die Belegschaft der Bereiche Druck und Versand darüber, dass der Axel-Springer-Konzern seinen Druckauftrag für BILD und Bild am Sonntagüberraschend zum Jahresende 2021 auslaufen lässt. Von dieser Entscheidung betroffen sind rund ca. 60 Beschäftigte in Esslingen, wo die beiden Springer-Zeitungen seit Jahrzehnten gedruckt wurden. Damit verliert der Druckstandort Esslingen ein Alleinstellungsmerkmal (Druck im Rheinischen und im Nordischen Format). Betriebsrat und ver.di befürchten, dass durch den Wegfall der BILD auch die Druckaufträge der verlagseigenen Zeitungen und Wochenblätter, vorweg die Esslinger Zeitung, gefährdet sind. Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) könnte versucht sein, diese Druckaufträge ins Pressehaus Stuttgart Druck (PHD) zu verlagern. MHS-Geschäftsführer Herbert Dachs ließ schon mal verlauten, „dass dies ein weiteres Argument ist, den Druckstandort Esslingen nicht zu halten“. Entsprechende Planungen sind auch Teil des „Druck-Strategie-Projektes“, in dessen Rahmen die Betriebsräte und Gewerkschaft ohnehin die Schließung eines oder gar beider Druckstandorte (Esslingen und Stuttgart-Möhringen) befürchten.
Update: Seit dem Beginn der Sommerfereien versucht die Geschäftsführung cirka ein Drittel der Arbeitsplätze über freiwillige Aufhebungsvereinbarungen auf der Grundlage des bis Jahresende gültigen Abfindungs-Programmes abzubauen. Eventuell notwendige betriebsbedingte Kündigungen sollen ab Oktober 2021 ausgesprochen werden. Mit der verbleibenden Mannschaft sollen die verlagseigenen Druckprodukte im Jahr 2022 am Druckstandort Esslingen produziert werden. Gespräche über eine sozialverträgliche Gestaltung des Personalabbaus sind bereits terminiert.

Neues Druckzentrum für die SWMH?

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Laut SWMH-Geschäftsführer Dr. Christian Wegner gibt es das Projekt bereits seit 2015: das „Druck-Strategie-Projekt“. „Ziel dieses Projektes ist es“, so SWMH-Anwalt Dr. Georg Stengel gegenüber dem Arbeitsgericht Stuttgart, „eine Empfehlung für die zuständigen Gremien der Medienholding Süd zu erarbeiten, in welcher Konstellation in den kommenden Jahren innerhalb des Teilkonzerns MHS Zeitungsdruck betrieben werden soll. Dabei stellt sich in erster Linie die Frage, ob und welche Druckereien innerhalb des Konzerns betrieben werden sollen“. Eine Entscheidung darüber ist offensichtlich in der letzten Gesellschafterversammlung nicht gefallen: „Über die Fortführung der Druckereien im Konzern wurde auf der Sitzung nicht entschieden“, so MHS-GF Herbert Dachs.

Unklar ist offensichtlich nach wie vor, welche weitere regionalen Zeitungsverlage an diesem „Druck-Strategie-Projekt“ beteiligt sind. Dazu GF Dachs: „Ob aber ein neues Druckzentrum gebaut wird, welche Partner an der Neuausrichtung der Druckereien beteiligt sind, welche Umfänge und Formate in welchen Druckereien gedruckt werden und wie die Logistik ausgestaltet ist, das alles steht noch nicht fest und ist von verschiedenen Umständen abhängig“. Vor Kurzem ließ Dachs verlauten, dass neben den bisherigen möglichen Partnern Bietigheim, Ludwigsburg und Waiblingen auch Heilbronn und Reutlingen potentielle Partner für eine „Druckgemeinschaft“ wären.

Momentan werden offensichtlich zwei Varianten diskutiert:

  1. a) Der Konzern entscheidet sich dafür ein Grundstück zu kaufen und erstellt „auf der grünen Wiese“ ein neues Druckzentrum mit weiteren Partnern. „Ein für eine Lösung vorgesehenes und reserviertes Grundstück in Ludwigsburg habe sich zerschlagen“, so SWMH-GF Alexander Paasch. Die Folge dieser Lösung wäre für die Zeitungsdruckereien im Konzern, dass es zu einer Schließung der Druckstandorte in Stuttgart-Möhringen und Esslingen kommen könnte. Zudem würde an beiden Standorten auch die Weiterverarbeitung geschlossen. Insgesamt wären rund 300 Beschäftigte von der Schließung beider Druckereien betroffen.
  2. b) Der Konzern baut ein Druckzentrum auf einem bereits in der SWMH vorhandenen Grundstück (z. B. in Esslingen), evtl. auch mit Partnern. Dann müsste das Firmengebäude in Esslingen abgerissen und die Druckerei aufgebaut werden. Untersuchungen über Bausubstanzen und Fundamente in Esslingen haben bereits stattgefunden. Ab Baubeginn des Druckzentrums wird der Zeitungsdruck in Esslingen eingestellt. Während der Bauzeit würde eine Verlagerung der bisher in Esslingen produzierten Produkte an einen anderen Standort (vermutlich Stuttgart) erfolgen. In Esslingen wären ca. 100 Beschäftigte von der Schließung betroffen.

Welche Variante gewählt wird für ein „langfristig stabiles Druckereigeschäft“ (Dachs), darüber werden Betriebsräte und Belegschaften der betroffenen Unternehmen weiterhin im Unklaren gelassen. Die Arbeitgeberseite machte deutlich, dass sie nicht will, „dass Betriebsräte auf dem Weg der Planung beteiligt werden“. Ver.di-Konzernbetreuer Uwe Kreft dazu: „Jahrelang haben die Beschäftigten in den Druckereien für gute Ergebnisse ihrer Unternehmen gesorgt und Gewinne an den Konzern abgeführt. Wir erwarten daher, dass den Beschäftigten jetzt schnell gesagt wird, wohin die Reise geht. Und egal welche Lösung kommt: wir erwarten Tarifbindung im neuen Druckzentrum“.

SWMH-Geschäftsführung verkündet Sparprogramm: 50 Millionen Euro müssen eingespart werden!

sverdimh, · Kategorien: Allgemein

Na das ist ja mal eine Ansage: SWMH-GF Dr. Christian Wegner hat in seiner Videobotschaft an die Beschäftigten verkündet, dass 50 Mio. Euro bis Ende 2022 eingespart werden müssen. Die Mittel dazu sollen Einsparungen bei den Sachkosten und eine Reduzierung der Personalkosten sein. Bis Ende März 2021 sollen die jeweiligen örtlichen Geschäftsführungen „ihre Sparpakete schnüren“ (Dr. Wegner) und Vorschläge zur Minimierung der Sachkosten machen; anschließend wolle man Maßnahmen zur Senkung der Personalkosten überlegen. In Zahlen ausgedrückt heißt das: 50 Mio. Euro entspricht etwa 1000 Arbeitsplätzen. Angenommen, die Hälfte der 50 Mio. Euro Einsparung würde über die Reduzierung der Sachkosten erzielt, blieben noch 500 Arbeitsplätze übrig. Würden diese auf die beiden Konzerne gleichberechtigt verteilt, würde den Unternehmen der Medienholding Süd ein rechnerischer Abbau von 250 Arbeitsplätzen bevorstehen.

Da reibt sich der Eine oder die Andere verwundert die Augen und fragt sich, wo dieser Arbeitsplatzabbau stattfinden soll. Gerade erst haben Konzernleitung und Betriebsräte in der Medienholding Süd das Projekt „Medienhaus-Strategie“ bearbeitet, was nach Schätzungen von ver.di annähernd 100 Stellen gekostet haben könnte und insgesamt Einsparungen von etwa 10 Millionen Euro einbringt. Irritierend ist auch, dass die SWMH-Geschäftsführer die Beschäftigten für „ihren Mut, ihre Ausdauer und Kraft in dieser schwierigen Zeit“ (MHS-GF Dachs) gelobt haben, Auch Dr. Wegner lobte das Engagement der Beschäftigten und verkündete, dass man „in 2020 gut durch die Krise gekommen sei und sogar ein operatives Ergebnis über Plan erreicht habe“. Sind die geplanten Stellenstreichungen also die Belohnung für gute Arbeit und ein gutes Betriebsergebnis?

Freilich haben auch andere Maßnahmen „zum guten Ergebnis 2020“ beigetragen: Ausgaben-Stopp, Einstellungs-Stopp, Kurzarbeitergeld und nicht zuletzt vermutlich auch der unerhoffte Geldsegen der Bundesregierung, die Ende Juni 2020 beschlossen hat, den Zeitungsverlegern zur „Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens, zur Förderung des Absatzes und der Verbreitung von Abonnementzeitungen und Anzeigenblättern“ 220 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent wurde dankbar angenommen.

Aber es hilft ja nichts, es gibt drei „Grundregeln“: Senkung der Kostenbasis um 50 Millionen Euro, Steigerung der digitalen Umsätze um 50 Mio. Euro und als Grundlage von allem die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit um 30 Prozent. Spätestens jetzt kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Spar- und Personalabbauprogramme und eine Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit in Einklang zu bringen, ist eine Herkulesaufgabe. Dies wird wohl in der Abteilung Dokumentation Bild und Text in der Medienholding Süd (das ausgelagerte Archiv der StZN) nicht mehr gelingen. Dort wurde mitgeteilt, dass man die Abteilung zum 30. September 2021 schließen will (Kontext-Wochenzeitung hat dazu berichtet.)

Betroffen von der Maßnahme sind insgesamt vier Beschäftigte. Zwei Beschäftigten bietet man nun Aufhebungsvereinbarungen an, während die anderen Beiden in die neu zu gründende, ebenfalls tariflose Medienholding Süd Medienservice GmbH wechseln können – zu schlechteren Bedingungen versteht sich. Dazu fällt einem nur ein Wort ein: Erbärmlich!

Außer Spesen nichts gewesen: Warnstreiks in der Druckindustrie gehen weiter

sverdimh, · Kategorien: Tarifrunde

Am 30. Januar 2019 hat ein Sondierungsgespräch zwischen ver.di und dem Bundesverband Druck und Medien (bvdm) stattgefunden. Zusammengefasst kann man sagen: außer Spesen nichts gewesen. Die Warnstreiks in der Druckindustrie gehen daher weiter. Zuletzt haben sich mit einem mehrtägigen Warnstreik Beschäftigte der Pressehaus Stuttgart Druck, der Pressehaus Stuttgart Infotechnik, der PHV Service GmbH, Der Redaktion Stuttgarter Zeitung Stuttgarter Nachrichten und der Bechtle Verlag&Druck gegen die Forderungen des bvdm gewehrt, ein Lohnabkommen für die Druckindustrie nur dann zu vereinbaren, wenn gleichzeitig Verschlechterungen im Manteltarifvertrag der Druckindustrie hingenommen werden. Unpassend fanden die Streikenden auch die Bemerkungen des Geschäftsführers der P-Gesellschaften, Johannes Degen, der zu den möglichen Regelungen eines „MTV 2“ (Verschlechterter Manteltarifvertrag für Neueinstellungen) sagte, dass „diese immer noch besser als die gesetzlichen Regelungen seien. Außerdem gebe es weitaus schlechtere Arbeitsbedingungen – zum Beispiel in der Pflegebranche“.
Zum Ende des Warnstreiks wurden Flugblätter vor dem Werkstor verteilt. In den Flugblättern macht ver.di auf die derzeitige Verhandlungssituation aufmerksam. Zudem sorgen die Zusatzvereinbarungen zu den Arbeitsverträgen für die Streikbrecher weiterhin für erhitzte Gemüter. Darin werden diesen die Bedingungen des Manteltarifvertrages der Druckindustrie – für deren Erhalt die Streikenden kämpfen – bis 2023 individualrechtlich zugesagt.
Ver.di-Konzernbetreuer Uwe Kreft: „Diese Vorgehensweise ist jenseits des guten Geschmackes. Zusammen mit dem Wissen über ein konzernweites Druck-Strategie-Projekt und der damit verbundenen unsicheren Zukunft der Druck-Arbeitsplätze wirkt es aber mobilisierend. Wir kämpfen weiter bis der Manteltarifvertrag 1:1 wieder in Kraft gesetzt ist. Auch bei der Lohnerhöhung lassen wir nicht locker bis wir Reallohnsteigerungen erreicht haben. Geld scheint im Konzern genügend vorhanden zu sein, wurden doch gerade erst in den „Non-Profit-Bereichen“ teures Führungspersonal neu eingestellt“.

Personal-Bilanz von SWMH-GF Dr. Christan Wegner: 430 Beschäftigte in nur sechs Monaten entlassen!

sverdimh, · Kategorien: Allgemein

Fast sechs Monate (seit dem 1. Juli 2018) ist Dr. Christian Wegner als Geschäftsführer der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) und als Nachfolger von Dr. Richard Rebmann im Amt. Seine Bilanz in Sachen Personal treibt einem die Sorgenfalten auf die Stirn: mindestens 430 Beschäftigte der SWMH haben in diesem Zeitraum ihren Arbeitsplatz verloren.

Zuletzt hat es fast 60 Beschäftigte des Nordbayerischen Kurier in Bayreuth getroffen. Zum 30. April 2019 sollen die Druckerei und der Versand geschlossen und die Produktion nach Hof verlagert werden.

Zuvor haben ca. 70 Beschäftigte der Kreiszeitung „Böblinger Bote“ mitgeteilt bekommen, dass man künftig auf ihre Dienste verzichten will um künftig auf Synergieeffekte im Konzern oder auf Auftragsabwicklung durch (deutlich billigere) externe Dienstleister zu setzen.

Insgesamt 240 Beschäftigte haben ihre Arbeitsplätze bei der GuG GmbH an den Standorten Stuttgart, München und Oberndorf a. N. verloren. Ihre bisherigen Reinigungs-Arbeiten wurden an externe Unternehmen fremdvergeben. Einige Beschäftigte haben bei den neuen Dienstleistern eine Anschlussbeschäftigung erhalten. Dies gilt leider nicht für die neugewählten Betriebsräte am Standort Stuttgart, was ver.di-Konzernbetreuer Uwe Kreft als „eigentlichen politischen Skandal“ wertet. Insgesamt kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die „Hinterlassenschaften“ von Dr. Rebmann abgeräumt werden.

Die Bechtle Druck&Service wird zum 28. Februar 2019 stillgelegt. Die ca. 60 Beschäftigten der Esslinger Akzidenzdruckerei fallen der „Portfolio-Bereinigung“ (Gesellschafter Andreas Heinkel) des Konzerns zum Opfer. In der Wochenzeitung Kontext ist dazu ein Artikel erschienen, der hier nachzulesen ist.

Ver.di-Konzernbetreuer Uwe Kreft: „Mit Dr. Wegner steht ein Mann an der Konzernspitze, der den Eindruck vermittelt, dass der Abbau von Arbeitsplätzen die logische Konsequenz schrumpfender Märkte ist, ohne Bezug zu den Produkten, den Menschen und den Regionen zu haben“.